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Begrüßung und Ansprache der Initiatorin der Mahnwache am 30.01.2024

Birgit Schlautmann

Wow, ich bin total geflasht über die Anzahl der Menschen hier auf dem Möllenkamp-Parkplatz,
– so viele Menschen, die mutig gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen,
– so viele Menschen, die aufstehen, die ein Zeichen setzen wollen,
– so viele Menschen, die sich für Solidarität, Zusammenhalt und Demokratie aussprechen.
Ich kann da nur sagen: „Klasse und Hallo VelenRamsdorf!“

Ich bin außerordentlich erfreut darüber, dass es uns in nur kurzer Zeit gelungen ist, ein überparteiliches Bündnis mit allen im Rat vertretenen Parteien für eine gemeinsame Mahnwache auf die Beine zu stellen.
Dieses Bündnis wird unterstützt durch die Stadt Velen – vertreten durch Bürgermeisterin Dagmar Jeske – und durch die Kirchengemeinde St. Peter und Paul – vertreten durch Jürgen Schulze-Herding, die ich herzlich begrüßen möchte.
Beide werden gleich auch noch ein paar Worte sagen.
Es ist überaus wichtig, dass wir alle an einem Strang ziehen. Denn alleine kann man nichts bewegen, nichts verändern und nichts verbessern.

Wir dürfen doch als eine aufgeklärte und demokratische Gesellschaft nicht tatenlos zusehen, wie von radikalen Gruppierungen aus versucht wird, unsere hart erkämpfte Demokratie zu zerstören und Rechtsextremismus, Intoleranz, Hass, Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit wieder salonfähig zu machen!
Da kann ich nur sagen und dazu aufrufen:
Nein! Nie wieder ist JETZT!“

Mit der heutigen Mahnwache möchten wir für unsere schöne Stadt ein deutliches Signal
für Solidarität,
für Zusammenhalt,
für Demokratie und
gegen Rechtsextremismus
setzen.

Viele haben sich bereits gefragt, warum die Mahnwache mitten in der Woche stattfindet und dann noch auf diesem Parkplatz:
Heute ist der 30.01., das ist ein historisches Datum. Denn am 30.01.1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg den damaligen Vorsitzenden der NSDAP Adolf Hitler zum Reichskanzler, nachdem das am 03.12.1932 eingesetzte Kabinett unter Kurt von Schleicher gescheitert war. Vizekanzler wurde Franz von Papen.
Die Nationalsozialisten Wilhelm Frick und Hermann Göring wurden in das Kabinett berufen als Reichsminister des Innern bzw. Minister ohne Geschäftsbereich.
Nur 2 Tage später, am 01.02.1933, ließ Hitler den Reichstag auflösen. Die sogenannte Machtergreifung Hitlers bedeutete faktisch das Ende der Weimarer Demokratie! So viel zum Datum.

Der Standort wurde auch aus historischen Gründen ausgewählt:
Denn hier erinnert ein Gedenkstein mit bronzener Tafel an eine kleine jüdische Gemeinschaft, die auf dieser Straße lebte. Auf der Tafel steht geschrieben:
„Es geschah auch in unserem Ort:
Auf dieser Straße – im Volksmund Judenstegge genannt – wohnten bis 1942 die jüdischen Familien Velens. Nach 1933 wurden sie durch Diskriminierung und Demütigung, Entrechtung und Vertreibung, Deportation und Ermordung Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Ihr Leiden sei uns Mahnung zu Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Minderheiten“.

Aktuell erleben wir ein geschichtliches Comeback, bei dem nicht nur der Rechtsextremismus zurückgekommen ist.
Umso wichtiger ist es doch, dass sich ein jeder selbst klar macht, was damit gemeint ist und wie wir damit umgehen sollen. Jeder ist gefragt, sich zu informieren und vor allen Dingen genau hinzuschauen!
„Seid mutig und schaut nicht weg!
Wehret den Anfängen – Nie wieder ist JETZT!

Wehret den Anfängen bedeutet, die Lehren aus der Geschichte zu verstehen und die Versuchung des nationalen Populismus, der im Rechtsextremismus mündet, zu widerstehen.

Rechtsextremismus begegnet man mit Haltung, mit Verteidigung der Menschenrechte und mit konsequentem Widerspruch gegen Nationalismus, Ausgrenzung und letztlich Hass!

Immer mehr und immer stärker wirken Rechte Kräfte auf uns ein, die mittlerweile als radikale Vereinigungen mit festen Strukturen zu bezeichnen sind, die die Demokratie in Frage stellen und Begriffe wie „Remigration“ anwenden!
Viele fragen sich, wie konnte es dazu kommen?
Genau das hat man sich damals auch schon gefragt!
Wehret den Anfängen – Nie wieder ist JETZT!

Wenn man sich so umhört, dann stellt man schnell fest, dass derzeit eine große Unzufriedenheit bei den Menschen vorherrscht, eine Unzufriedenheit auf alles und jedem und gerade ganz besonders auf die Politik. Aber rechtfertigt diese Unzufriedenheit tatsächlich, sich rechtsextremen und radikalen Gruppen anzuschließen? Wird denn ernsthaft geglaubt, dass diese Gruppierungen tatsächlich etwas verbessern können in unserem Land? Dass sie sich stark machen für unsere hart erkämpfte Demokratie? Für Zusammenhalt? Für Respekt?
Ich sage „Nein! Ganz sicher nicht!
Wehret den Anfängen – Nie wieder ist JETZT!
VelenRamsdorf ist und bleibt bunt – für braun ist hier kein Platz!“

Oft müssen demokratisch Kompromisse gefunden werden, die zu Entscheidungen führen, die für den einen gut und für den anderen leider weniger gut sind. Folglich entstehen Konflikte und Streit. Dabei lebt doch die Demokratie vom Streit! Diese Stärke kann sie nur entfalten, wenn alle zusammenstehen!

Wie Richard von Weizsäcker einmal sagte:
„Demokratie lebt vom Streit und von der Diskussion um den richtigen Weg. Deshalb gehört zu ihr der Respekt vor der Meinung des anderen“.

Es liegt in der Natur des Menschen, immer einen Verantwortlichen für alle Probleme zu finden, aber machen wir es uns da nicht zu leicht? Müssen wir nicht alle auf die eine oder andere Weise ein Stückchen dazu beitragen?
Am 30.01.1933 wurde Adolf Hitler jedenfalls ganz legal zum Reichskanzler gewählt – getragen vom Frust im Land und seiner Propaganda!
Jetzt scheint sich alles zu wiederholen!
Mir macht das Angst!

– Es ist erschreckend, wie geschichtsvergessen heute Menschen handeln und glauben, dass sich das damals Erlebte in der heutigen Zeit doch nicht wiederholen könnte!
– Es ist erschreckend, wie vom rechten Rand aus Hass und Hetze verbreitet werden, nur um Unzufriedenheit unter den Menschen zu schüren!
– Es ist erschreckend, zuzusehen, wie Toleranz und Weltoffenheit an Wert verlieren und Ausgrenzung auf der Tagesordnung steht!
– Es ist erschreckend, wie die Menschenrechte mit Füßen getreten werden!

Es ist an der Zeit, laut auszusprechen, wofür wir einstehen und was wir wollen, nämlich eine Gesellschaft mit Respekt, Toleranz und Nächstenliebe!
Dafür möchten wir heute ein Zeichen setzen und dazu aufrufen
Wehret den Anfängen – Nie wieder ist JETZT!
„VelenRamsdorf ist und bleibt bunt – für braun ist hier kein Platz!“

Bürgermeisterin Dagmar Jeske
Vertreter der Kirchengemeinde St. Peter und Paul, Jürgen Schulze-Herding